10. Oktober 2012

Last Stop: Hongkong!

Die Fähre ins nächste Land dauert nur 45 Minuten, die Passkontrolle und Visa-Stempel-Abfertigung gehen so schnell wie bei einem Hotel Check-In. Und da bin ich nun, in der Weltmetropole Hongkong. Es ist "Golden Week", eine chinesische Feiertagswoche und morgen ist der Hongkong National Day, also mal gucken was hier so abgeht! Meine erste Adresse ist die Chung King Mansion in Kowloon, ein 16 Etagen Gebäudekomplex mit Shops, Firmen, Wohnungen und auch Guesthouses. Hier soll es die günstigsten Unterkünfte geben. Aufzug und "Flur" sehen schon mal schäbig aus, so viel kanns also wirklich nicht kosten. Weit gefehlt! Diese Feiertage haben aber einen entscheidenden Nachteil für so einen Kleingeld-Backpacker wie mich: Die Zimmerpreise hier verdreifachen sich! So werden mir fensterlose 4qm für 60 Euro angeboten, ohne Privatbad versteht sich. Dazu sind auch noch 3 von 4 Guesthouses ausgebucht! Ich mache mich auf zur Mirador Mansion, 2 Blocks weiter. Gleicher Stil, allerdings sind Aufzug und Flure hier keine Szenerie für einen asiatischen Ghettofilm, sondern annehmbar. Auch die Preise fallen. Jedoch zu lasten des Komforts: 3qm Abstellnische IM Flur mit DUSCHVORHANG für etwas Privatsphäre für 25 Euro, alternativ ein 4 Matrazen Dorm, wo ich dann eine halbe (!) Matraze für 25 haben könnte. Beim Anblick der zwei halbnackten, ekeligen Typen bleibt aber auch hier nur ein "Nein, danke"... Während ich mit dem Gedanken spiele mir eine hübsche Brücke zu suchen (die sind bestimmt sauberer!), finde ich doch ein Bett für 10 Euro. Drölfzig-Mann "Dorm" in dem auch die Besitzer schlafen (es gibt nur diesen einen grossen Raum hier), dazu ein verschimmeltes Bad. Was ein Wahnsinnsangebot! Ich nehme an! Willkommmen in Rattenloch Nummer 2:

Meine Ansprüche sind nun wirklich so weit wie möglich runtergeschraubt. In anderen Ländern ist selbst eine Übernachtung bei Eingeborenen nicht nur umsonst sondern auch gemütlicher als das hier. Aber 3 Nächte werde ich das schon irgendwie schaffen. Ich adaptiere auch schnell den Lebensstil der Hongkongnesen: Den ganzen Tag auf Achse sein und nur zum Schlafen nach Hause kommen. Selbst ein gut verdienender Bankmitarbeiter kann sich hier meist nur ein 10qm Zimmer leisten und so sind viele non-stop unterwegs. Was das in Kowloon, dem dichtbesiedelsten Fleck Erde, in einer Nationalfeiertagswoche bedeutet, könnt ihr euch nicht vorstellen! Hier laufen MenschenMASSEN rum, sowas hab ich noch nicht gesehen! Ich bin komplett erschlagen vom Betondschungel und der Klonarmee aus schwarzhaarigen Menschen.

Dazu kommen noch Leuchtreklamen, Inder die einem entweder "Suits" oder "Watches" andrehen wollen und hier und da mal ein Flyerverteiler.
Doch am ersten Abend bin ich mit den 3 deutschen Studentinnen zum Essen verabredet. Wie gross Hongkong ist, erfahre ich als ich die 5 Blocks zum Treffpunkt laufe. Bei 30 Grad im Schatten abends um 7 keine leichte Aufgabe!
Nach einer Stunde vergeblicher Restaurantsuche fahren wir rüber nach Hongkong Island und essen in einem Burgerimbiss in Central. Dabei sehe ich auch den längsten überdachten Eskalator der Welt. Was ich mir als Rolltreppe ausgemalt hab, entpuppt sich als Laufband, aber witzig ists allemal! Jeden Tag "fahren" so viele Menschen zur Arbeit und zurück.
Da bei den Damen Kopf- und Gliederschmerzen auftreten, kann ich keine überreden heute noch etwas durchzudrehen und begebe mich allein auf die Long Kwai Fong, der bekanntesten nächtlichen Wasserstelle Hongkongs. Hier ist jede Menge los, Touristen wie Einheimische sind auf der kleinen Straße unterwegs und ich suche mir einen Aussichtspunkt und beobachte das lustige Treiben. Alkohol ist teuer in Hongkong und so trifft sich die Sparfuchs-Crowd vor dem 7-11 (einem Mini-Supermarkt) und geniesst eiskaltes Dosenbier. Ich mische mich unters Volk, was in diesem Fall heisst, dass ich 3 Hongkongnesinnen und einen Engländer kennenlerne.
 Einmal lächeln bitte!

Nach einem Ausflug in eine Bar inkl. einem Bier für 6 Euro stehen wir wie durch Zufall bald wieder am selben Platz vor dem 7-11. Der Abend ist richtig lustig und ich bekomme chinesische Schimpfwörter beigebracht, die ich gleich ausprobiere, was zu Lachanfälle bei den meisten Zuschauern führt :-) Nach tiefsinnigen Gesprächen über Buddha in einem McDonalds finde ich früh morgens den Weg in mein Loch und schlafe ruck-zuck ein.
Am nächsten Tag bin ich träge, doch meine "hübsche" Unterkunft zwingt mich quasi mich auf Erkundungstour zu begeben. Die Unlust kommt aber nicht nur vom Hangover, sondern ich fühle mich auch etwas ausgebrannt. "Reise-Burn-out"? Ja, sowas gibts. Allerdings war ich bisher der Meinung das ich noch nicht so weit bin. Doch diese Stadt erdrückt mich und nimmt mir mit ihrer Masse meine Erkungdungs- und Plannungslust. Immerhin haben mir die Hongkongnesinnen noch den Peak empfohlen gestern. Von da aus hat man eine klasse Aussicht über die Stadt. Gut, da freut sich mindestens meine Pixelkanone. Ich spaziere durch die Harbourcity Einkaufsmall und nehme dann die Star-Ferry rüber nach Hongkong Island. Die Fähre ist nicht nur der günstigste, sondern auch der schönste Weg über das Stückchen Meer.

Zum Glück bin ich nicht auf der Unglücksfähre, auf der bei einem Unfall am selben Tag 14 Menschen sterben. Good Karma mal wieder denke ich. Ich spaziere durch Central, vorbei an den Appleleptikern,

durch Häuserschluchten und Kirchen,

bis zur Startstation für die Peaktram. Ein weiterer Nachteil von Feiertagen: Die Sehenswürdigkeiten sind VOLL! Somit heissts: Schlange stehen bis auf die Straße:

Die steile Zugfahrt ist nostalgisch angehaucht und schon nach kurzer Zeit kommen wir oben an. Der Rest bis zur Aussichtsplattform wird mit Rolltreppen und zu Fuß erklommen bevor ich dann diese Aussicht geniessen darf:
 
Dafür hat sich das lange Warten in der Schlange auf jeden Fall gelohnt!

Wieder am Fuße dieses Berges angekommen, probiere ich aus reiner Neugierde diese lustige Bimmelbahn aus, die ich vorher gesehen hab. Eine Fahrt, egal wie lang, kostet 25Cent und dafür bekommt man vom oberen Deck eine gute Sicht und quasi eine gratis Sightseeingtour.

Durch das stadtweite Free-Wifi (GEIL!) habe ich erfahren, das ein Kollege aus Paderborn auch grad zufällig hier ist. Er wohnt sogar im gleichen Haus :-D Wir treffen uns Abends an der Waterfront, den hier soll jeden Abend um 8 Uhr die Post abgehen. Laser- und Lightshow vor und mit der Skyline von Hongkong. Die musikalische Untermalung ist typisch asiatisch und bringt uns nicht wirklich in Wallungen aber der Anblick ist schon nice:

Aber ich muss gestehen: Singapur kann sowas besser :-) Das Gerangel um einen Fotoplatz war anstrengend und macht hungrig. Ich habe Heisshunger auf deutsches Essen, erst recht nachdem ich gelesen habe, dass es einen guten Deutschen (so heisst dann doch ein deutsches Restaurant oder? Italiener, Grieche, Spanier, Deutscher?) um die Ecke gibt. Die Preise sind happig und wir verbraten hier fast ein ganzes Tagesbudget pro Person für ein Bier, Vorspeise und Hauptspeise, aber das Essen ist FANTASTISCH! Beim Anblick der Wurst-Käse-Platte Vorspeise können wir nur so grade ein quieken unterdrücken, das Leuchten in unseren Augen spricht aber wohl Bände! Wahnsinn wie man sich so sehr über so etwas einfaches freuen kann!

Während ich mir immer mal wieder ein Schnitzel gegönnt habe, ist Felix seit 6 Monaten "clean". Wir lassen uns Käse ("WOOOOW, ist der lecker"), Schinken ("mmmmhhhh so würzig") und Salami ("WAAAHHHHHNNSIIINNN!!! ich RASTE aus vor Freude!" :-D ) schmecken und lassen den Abend ruhig ausklingen an der nun fast menschenleeren Waterfront mit Gerstenkaltschale im Alubehälter.
Auch am nächsten Tag ist meine Motivation nicht angestiegen, aber ich brauch ja noch ein Armbändchen und ein paar Gastgeschenke für Kanada, also Markt rausgesucht und ab dafür. Hier gibts wie immer jede Menge Ramsch und vor allem auch wieder jede Menge Menschen! Die Preise erscheinen mir teilweise astronomisch und ich werde von den unfreundlichen Chinesen teilweise einfach so weggewunken als ich meinen Lowprice ansage. Was für eine Frechheit! Meine Meinung zur Freundlichkeit der Chinesen ist mittlerweile ziemlich festgemauert und die Lust sich diese olle lange Mauer mal anzugucken stark gesunken :-( Aber ich lasse ja nicht locker und bekomme alles was ich suche. So langsam geht hier auch die Sonne unter. Sowas ist oft schwer zu erkennen, den der Blick auf den Sonnenuntergang sieht meist so aus:

Am Abend treffe ich mich wieder mit Felix. Er kennt einen Inder, der hier bei HSBC arbeitet und uns eine Skybar zeigen möchte. Wir bekommen Zugang zum 25. Stock des HSBC Towers und fühlen uns trotz langer Hose und festen Schuhen leicht underdressed. Auch die Spendierfreudigkeit unseres Hosts ist uns etwas unangenehm, aber wir beschließen das später auszugleichen.
 Später ist auf der Long Kwai Fong.

Wir essen zu Abend und wollen zahlen, als wir auf einmal feststellen, das im Portmonai nicht mehr viel ist :-( Peinlich! Wieder übernimmt unser neuer Freund einen Teil und wir steuern direkt danach die nächste Bank an. Das Gesprächsthema Nummer 1 ist Backpacking/Reisen. Michael ist ganz angetan und neidisch und folgt unseren skurrilen Geschichten gespannt, bis er die Segel streicht. Morgen früh müsse er wieder arbeiten. Ach ja, so ist das ja bei nicht Reisenden ;-)
Auch wir machen uns auf den Rückweg und nach einem kurzen Besuch am Star Ferry Pier...

...hauen wir uns hin. Die letzte Nacht im Rattenloch, bevor ich den Kontinent wechsle. Hong Kong hat mir irgendwie den Rest gegeben und ich bin ein bisschen froh Asien zu verlassen und gespannt auf eine vollkommen andere neue Welt auf der anderen Seite des Pazifiks. First Stop: Kanada!

Statt einer Blogvorschau gibts heute eine Videovorschau: Mein 5tes Video ist fertig und hochgeladen! Es enthält Szenen der Full Moon Party, den schönen Perhentians, dem Dschungel Taman Negara und einen Teil meiner Zeit mit meiner Mum!

>>>>> Bei 5 Kommentaren gibts den Link :-) <<<<<

Ciao

Stan

8 Kommentare:

  1. Es ist schön zu sehen, wie ihr euch über das typisch deutsche Essen freuen konntet! :)
    Und ich hoffe ganz stark, dass es in Kanada nicht so viele Rattenlöcher gibt.. ich muss mich einfach nur schütteln, wenn ich die Bilder sehe! ;)
    Und ich bin höchst gespannt auf die ersten Berichterstattungen aus Kanada!!
    Und natürlich auf das Video... --> Kommentar Nr. 1

    Liebste Grüße, Cinne

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    1. So kann man sich aber auch nur freuen, wenn man es so lange vermisst hat! Kanada ist im Moment das Paradies! Totales Kontrastprogramm. Kanada ist next und fürs Video: los los, noch 4 mehr!

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  2. Hehe, schöner Bericht :-) Es gibt in Hong Kong auch etwas 'ruhigere' Ecken, die Parks und vor allem die Outer Islands, aber in drei Tagen ist das nur schwer zu schaffen. Ich war mal National Day in Shanghai, es war die Hölle. Musste also sehr schmunzeln bei deinen Beschreibungen. Habt ihr euch denn nicht das Feuerwerk angeguckt? Da bekommt das Wort "Menschenmasse" eine neue Qualität... aber sensationell ist es trotzdem, was die Chinesen so mit ein paar Böllern anstellen können.

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    1. Feuerwerk haben wir leider aufgrund von vergeblicher Restaurantsuche verpasst, aber da hatte ich ja ein paar Tage vorher schon 2 geile! Klar gibts bestimmt auch ruhige Ecken, aber da hab ichs halt nicht hingeschafft. Und die wären in der Woche wohl auch voll gewesen.

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  3. Du hast es echt raus, deine Leser auf die Folter zu spannen und damit zu erpressen! Ich freue mich jedes Mal über deine ausführlichen Berichte, also her mit dem Video! :)
    ash

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    1. naja man mag ja auch etwas anerkennung bekommen für die viele Arbeit :-(

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  4. Alter, in so einer Unterbingung hätte ich keine NAcht verbringen können. Respekt.

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    1. Hätte mich auch gewundert wenn DU das könntest ;-) Für dich wäre aber vllt das vollverkachelte Zimmer aus Jonnys Blog das richtige?

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